Bierbrauen in Neunkirchen am Brand

Der kleine Marktflecken Neunkirchen am Brand, unweit vor Erlangen er gelegen, hat
eine lange Brautradition: Bereits von 1488 bis 1555 wurde durch Augustinermönche
im Chorherrenstift Neunkirchen Bier hergestellt.

Ende des 16. Jahrhunderts wurde die klösterliche Bierherstellung von der kommunalen

abgelöst: Es wurden zwei gemeindeeigene Kommunbrauhäuser gegründet, mit deren

Hilfe vor allem der Bau der Stadtmauer finanziert werden sollte.

Eine Gemeinderechnung von 1860 belegt, dass die drei Brauerfamilien Hubmann,

Polster und Vasold zusammen mehr als die Hälfte des “Kesselgeldes” abführten und

sich somit eine führende Rolle unter den Kommunbrauern Neunkirchens erarbeitet hatten.

Genau diese drei Namen leiteten ab 1873 auch den Wandel vom kommunalen zum
privaten Brauwesen ein, indem sie eigene Brauhäuser gründeten.

 

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Luftbild von 1958 mit der Brauerei Hubmann (oben rechts), dem oberen Kommunbrauhaus (Fach-

werkhaus vor der Kirche) und der Mälzerei von Fritz Hebendanz (unten rechts)

Die Kommunbrauhäuser und Fritz Hebendanz (1532-1926)

Oberes Kommunbrauhaus, Gräfenberger Str.
Das Obere Kommunbrauhaus war zum Ende 
des 19. Jahrhunderts marode g
eworden.
Die zuständige Gemeindeverwaltung
scheute
sich jedoch, anstehende
Reparaturen zu be-
zahlen und
so entschlossen sich zunächst
Hubmann
(1873) und dann Vasold (1888)
zum Ausstieg und gründeten Privatbrauereien.
Die geringere Auslastung der Kommunbrau-
häuser
veranlasste die Gemeinde 1896, das
Obere Kommunbrauhaus aufzugeben.
Es wurde zur Schule umfunktioniert und 1967
schließlich abgerissen.

Das verbliebene Untere Kommunbrauhaus wurde schon bald ebenfalls unrentabel, weil

Polster im Jahr 1926 seine eigene Privatbrauerei gründete.

Der unmittelbar folgende Abriss des Gebäudes bedeutete auch das Ende der Brautätig-

keit von Fritz Hebendanz. Er war 1907 aus Forchheim zugezogen und hatte im Unteren

Kommunbrauhaus Bier für sein Gasthaus „Drei Bauern“ hergestellt.

Dazu betrieb Fritz Hebendanz auch eine eigene Mälzerei (Bild unten rechts).

 

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Unteres Kommunbrauhaus am äußeren Markt und die Mälzerei von Fritz Hebendanz in der Fröschau

Brauerei Hubmann, Innerer Markt 3 (1873-1920)

 

Johann Georg Hubmann hatte 1873 als erster der

Brau- und Schankberechtigten von Neunkirchen

eine eigene Privatbrauerei errichtet.

Die Hubmannsche Brauerei mit Eis-und Lagerkeller

entstand mitten in Neunkirchen zwischen Pfarrkirche,

altem Rathaus und Katharinenkapelle.

Unter Sohn Michael Hubmann, der ab 1876 über-

nahm, entwickelte sich die Brauerei prächtig: Wie im

Adressbuch von 1910 nachzulesen ist, wurde 1906

auf Motorbetrieb umgestellt, der Ausstoß betrug

3500 hl pro Jahr und es gab als Spezialitäten helle

und dunkle Biere, sowie ein „Zeugl“.

Vielfältige Werbemittel wie Bierdeckel, Schilder,

Flaschen und Krüge zeugen von einer regen Tätigkeit

der Brauerei von Michael Hubmann.

 

 

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Neues Gebäude anstelle der Brauerei Hubmann (links) und Ansicht früher (Bilder rechts und oben)

 

Mit der dritten Generation endete die kurze Erfolgsgeschichte der Privatbrauerei Hubmann

um 1920. Enkel Johann, der seit 1912 übernommen hatte, fand keinen Nachfolger, zudem

fehlte es an Möglichkeiten für eine zeitgemäße Erweiterung der Brauanlagen.

1933 starb Johann Hubmann im Alter von nur 50 Jahren. Die Kelleranlagen unter dem Kirch-

platz sind bis heute erhalten, während Gast- und Brauhaus 1972 von einer Bank aufgekauft

und überbaut wurden.

Brauerei Polster, Forchheimer Straße 13 (1926-2003)


Der Kommunbrauer Georg Polster, der in der Polstergasse seine Gastwirtschaft und Mälzerei

betrieb, machte sich 1926 selbstständig. Er zog vor die Tore der Stadt und errichtete auf

seinem Kellergrunstück an der Forchheimer Straße ein eigenes Sudhaus, woraus sich suk-

zessive eine leistungsfähige Brauerei entwickelte.

 

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Stammhaus der Brauerei mit Besitzer vor der Tür 1912 und ehem. Mälzerei in der Polstergasse 1991

 

Unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg heiratete Hans Kohlmann aus dem Nachbarort

Rosenbach die Tochter von Georg Polster, Magdalena.
Unter Regie der Eheleute Kohlmann wurden Anfang der 1980er Jahre das Sudhaus und die

Gäranlage erneuert. 1985 kam das erste Neunkirchener Hefeweißbier auf den Markt und in

den Jahren 1991/92 wurde in eine neue Abfüllanlage investiert - die hinzugewonnenen Ab-

satzmärkte in den „Neuen Bundesländern“ verlangten schließlich größere Kapazitäten.

 

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Ehemaliges Bürogebäude (steht heute noch) und die Brauerei in der Forchheimer Straße im Jahr 2001

 

Gut gerüstet für die Zukunft wurde der Betrieb 1995 an Schwiegersohn Hans Waser und

Tochter Dorothea übergeben.
Ein Strukturwandel in den Absatzmärkten oder auch die Verlagerung auf andere Geschäfts-

felder führten 2003 zur überraschenden Einstellung des Braubetriebes. Nach dem Verkauf

an einen Bauträger wurden 2005 sowohl Mälzerei als auch Brauerei - bis auf das Büroge-

bäude -abgerissen und mit Wohnhäusern überbaut.

Brauerei Vasold & Schmitt, Schellenberger Weg 3 (1888 bis heute)


Benedikt Vasold hatte seine eigene Brauerei 1888 außerhalb der Stadtmauern errichtet,

dort wo schon vorher sein Kellerhäuschen stand.

1920 heiratete der ebenfalls aus Neunkirchen stammende Johann Eduard Schmitt die

Tochter Kunigunde Vasold und fortan hieß die Brauerei “Vasold & Schmitt”.

Über Jahre war jeweils ein Mitglied beider Familienzweige an der Firmenleitung beteiligt.

Ein markanter Erker auf dem Dach des Bürogebäudes wurde zum Erkennungszeichen
der Brauerei und zierte als Logo die Werbemittel von Vasold & Schmitt.

 

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alte Postkarte der Brauerei, gibt es auch als große Lithografie, gedruckt bei Eckert & Pflug Leipzig

 

Im Sog der Wirtschaftswunderzeit expandierte Vasold & Schmitt und um 1960 wurden

die bis heute weithin sichtbaren Hochbauten auf dem Firmengelände errichtet.
Mitte der 1990er Jahre entschloss man sich, die eigene Abfüllanlage aufzugeben und mit

anderen Brauereien zu kooperieren - erst mit Kaiser/Neuhaus, aktuell mit Göller aus Zeil.
Zur Jahrtausendwende standen wieder umfangreiche Veränderungen für die Brauerei an:

Die Familie Vasold schied aus dem Betrieb aus und der neue Alleinbesitzer Peter Schmitt

modernisierte die Brauerei zukunftsweisend: Leicht zu reinigender Edelstahl, Automati-

sierung der Prozesse und Energieeinsparung sind nun Standard.

Mit Sohn Benedikt Schmitt ist auch schon die nächste Generation am Braubetrieb beteiligt.

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Ansicht der Brauerei Vasold & Schmitt im Jahr 2018, rechts das alte Sudhaus im Jahr 2022

Quellen/Bilder: Peter Schmitt, Armin Kohlmann, Guido Fees, Uwe Stöhler, Christian Fiedler sowie der Begleitband zur Ausstellung Biergeschichte Neunkirchen am Brand 2013.

Bei der Abbildung der Bierdeckel haben mir Dirk Habicht, Florian Maisel, Robert Schott und Reinfried Stark geholfen.

Alte Bierdeckel aus Franken 0